Oberlandesgericht München 29.03.2011, Az.: 5 U 4680/10: Bankentochtergesellschaft muss bei Medienfondsanlageberatung ebenso wie Bank über Rückvergütungen aufklären

Bekanntlich haben Banken im Rahmen der Anlageberatung unaufgefordert über an sie zu zahlende umsatzabhängige Vermittlervergütung aufzuklären, wenn mit Blick auf die widerstreitenden Interessen von Bank und Kunde eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Dies gilt auch für Tochtergesellschaften von Banken, die per Outsourcing das Beratungsgeschäft der jeweiligen Bank übernommen haben.

Der Fall
Streitgegenständlich war eine Anlageberatung zu einem geschlossenen Medienfonds. Im Fondsprospekt wird zwar darauf hingewiesen, das sich eine Vertriebsgesellschaft weiterer Personen bedienen darf und dass generell für den Vertrieb 9,9 % Vertriebsprovisionen vorgesehen sind, jedoch wird nicht darauf hingewiesen, wieviel die beklagte Bankentochtergesellschaft tatsächlich erhalten soll. Tatsächlich hatte diese für den streitgegenständlichen Fall eine Provision in Höhe von mindestens 8,25% der Beteiligungssumme erhalten. Das Beratungsgesellschaft war an diese Gesellschaft von der betreffenden Bank ausgelagert worden, von dieser wurden ihr bei Ausnutzung der Bankkundendatenbank die Kunden zugeführt und die Namen beider Gesellschaften enthielten gleiche Wortkerne.

Die Entscheidung

(...)

Der Bankkunde, der sich auf das von "seiner" Bank initiierte Beratungsangebot einlässt, nimmt die Beratungstochter der Bank nicht als bankungebundene freie Beraterin, sondern als Dienstleistungsangebot seiner Bank, mit der er bereits Verträge unterhält, wahr. Darauf, ob es sich bei der Beraterin um eine juristisch unselbständige Abteilung der Bank oder um eine selbständige juristische Person im Konzernverbund der Bank handelt, wird der juristisch nicht geschulte Anleger jedenfalls dann, wenn wie hier die Namen der Bank und der Beratungsgesellschaft einen gleichlautenden Kern enthalten, sein Augenmerk nicht richten.

(...)

Mittels des Fondsprospektes hatte der Kläger auch nicht die notwendige Aufklärung über die an die Beklagte gezahlte Rückvergütung erfahren. Die Beklagte war vorliegend nicht als Empfängerin von Provisionen offen im Prospekt ausgewiesen. Darüber, dass sie von der Fondsgesellschaft, vermittelt über die Vertriebsgesellschaft, umsatzabhängig Provisionen erhält, die gemäß Weichkostenplan aus der für die Kapitalvermittlung vorgesehenen Kostenposition bedient werden, enthielt der vorliegende Prospekt keine klare Aussage. Der Hinweis, dass die Vertriebsgesellschaft berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten, erfüllt die Hinweisfunktion darauf, dass auch die Beklagte dem Empfängerkreis angehört, nicht. Zudem ist die Höhe der von der Beklagten bezogenen Rückvergütung im Prospekt nicht offengelegt.

Im Ergebnis haftet deshalb die Bankentochtergesellschaft dem Kläger auf Schadensersatz in Höhe der Einlagen, weil sie ihn nicht darüber informierte, dass Teile der Ausgabeaufschläge die der Kläger an die Gesellschaft zahlte umsatzabhängig an die Bankentochter zurückflossen.

Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Jens Reime
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